Orte und Regionen im Byzantinischen Reich
Sardinien im Byzantinischen Reich
Sardinien ist für wunderschöne Strände, italienisches Flair, Mirto und gutes Wetter bekannt. Die wechselvolle Geschichte ist nur den wenigsten Touristen der Mittelmeerinsel bekannt. Es gibt einen Grund, warum die Sarden sagen, wer über das Meer kommt, will uns berauben. Neben Puniern, Mykenern, Römern, Phöniziern, Minoern, Zyprioten, Pisaner, Schwaben, Langobarden, Ostgoten, Arabern, Spaniern, Katalanen, Genuesen, Österreichern, Franzosen hat auch das Byzantinische Reich seine Spuren auf Sardinien hinterlassen, die noch heute in byzantinischen Kirchen zum Beispiel in Cagliari zu sehen sind.
Lage Sardiniens
Die Insel Sardinien liegt 200 Kilometer westlich der Italienischen Halbinsel und 15 Kilometer südlich der französischen Insel Korsika im Thyrrenischen Meer. Im Westen Sardiniens liegt sie spanische Baleareninsel Menorca in einer Entfernung von 350 Kilometern. Das von Sardinien aus nächste Festland befindet sich mit Tunesien 180 Kilometer in südlicher Richtung. Sardinien hat eine Nord-Süd-Ausdehnung von etwa 220 Kilometern und eine maximale Breite von 80 Kilometern. Eine Reise zwischen Caralis (heute Cagliari) nach Konstantinopel hat in byzantinischer Zeit etwa 20 Tage gedauert, wobei gut 2.800 Kilometer größtenteils auf dem Seeweg überwunden werden mussten.
Nuraghen-Kultur auf Sardinien
Die ersten Besiedlungsspuren auf Sardinien reichen in das Jahr 8.500 vor Christus zurück. In der Nuraghen-Kultur, die zwischen 1.200 und 900 vor Christus ihre Hochphase hat und von der Archäologie nicht identifiziert und zugeordnet werden kann, entstehen auf Sardinien die typischen steinernen Anlagen wie zum Beispiel die Nuraghe Su Nuraxi, welche um das Jahr 1.000 vor Christus entstanden ist und von der UNESCO 1997 auf die Liste der Weltkulturerbe gesetzt worden ist. Nuraghen sind heute auf Sardinien keine Seltenheit, manchmal stehen sie einfach am Straßenrand und können individuell erklommen werden, wie zum Beispiel die Nuraghe Asoru, welche sich 45 Kilometer nordöstlich von Cagliari direkt an der Straße 125 befindet.
Phönizier auf Sardinien
Seit dem 9. Jahrhundert vor Christus siedeln sich auf Sardinien die Phönizier (auch bekannt als Katharger, Punier und Fenchu) an und gründen Städte wie das heutige Cagliari, Pula und Sant`Antiocco. Die Städte werden nach kathargischem Vorbild von einer Stadtversammlung regiert. Das Zusammenleben der Erbauer der Nuraghen verläuft zunächst friedlich und es bestehen rege Handelskontakte. Die Phönizier versuchen im 6. Jahrhundert ihren Einflussbereich auf das Inselinnere auszuweiten, um die Silber- und Bleimienen selbst wirtschaftlich nutzen zu können. Die Folge sind schwere Kämpfe zwischen den frühen Sarden und den Phöniziern, wobei es den Phöniziern nicht gelingt die gesamte Insel unter ihre Kontrolle zu bringen.
Römer auf Sardinien
Mit dem Aufstieg Roms zur Seemacht im Mittelmeer nehmen die Konflikte zwischen den Römern und den Kathargern (Phönizier) zu und gipfeln in den drei sogenannten Punischen Kriegen zwischen 264 und 146 vor Christus. Die Katharger werden dabei um das Jahr 238 vor Christus von den Römern von Sardinien vertrieben. Zwar versuchen die Katharger im Jahr 215 vor Christus die Insel zurückzuerobern, dies gelingt jedoch nicht. Für die Römer ist Sardinien vor allem wegen der Silber-, Zink- und Bleiminen wichtig, ansonsten hat die Insel keinen besonderen Wert für das Römische Reich, so dass das kulturelle Leben auf Sardinien fast zum erliegen kommt.
Vandalen auf Sardinien
Das Römische Reich wird im Jahr 395 nach Christus endgültig in zwei Verwaltungsbezirke geteilt, wobei Sardinien dem Weströmischen Teil zugeschlagen wird. Das Weströmische Reich ist jedoch militärisch schwach und kann Sardinien nicht von den im Jahr 455 nach Christus einfallenden Vandalen schützen, die die Insel erobern. Bereits im Jahr 476 nach Christus wird der letzte Weströmische Kaiser Romulus Augustus abgesetzt, was die Auflösung des Weströmischen Reiches zur Folge hat.
Byzantiner auf Sardinien
Mit den Eroberungen des byzantinischen Feldherren Belisar unter dem byzantinischen Kaiser Justinian I. wird Sardinien im Jahr 534 nach Christus Teil des Byzantinischen Reiches und wird dem Verwaltungsdistrikt Exarchat Africa zugeschlagen. Versuche der Ostgoten und der Langobarden in den Jahren 552 und 568 nach Christus Sardinien zu erobern, scheitern. Byzanz ist an den Einwohnern der Insel nicht wirklich interessiert, wichtig für das Byzantinische Reich sind die Bodenschätze Sardiniens. Auf Sardinien werden, entgegen den anderen unter Justinian I. eroberten Gebieten, keine prachtvollen Profanbauten errichtet, es entstehen jedoch zahlreiche byzantinische Kirchen, welche zum Teil noch heute erhalten sind. Zu den bedeutendsten byzantinischen Kirchen auf Sardinien gehören die Kirchen San Giovanni in Assemini, San Giovanni di Sinis, und San Saturno in Cagliari.
Araber auf Sardinien
Erst im Jahr 834 nach Christus endet die byzantinische Zeit auf Sardinien mit der Abberufung des byzantinischen Stadthalters. Dieses Datum ist jedoch relativ zu sehen, da zu diesem Zeitpunkt die Araber einen weiten Teil der Insel kontrollieren. Seit dem Beginn des 8. Jahrhunderts nach Christus stoßen die Araber immer wieder bis zu den Küsten Sardiniens vor und bereits im Jahr 754 nach Christus gelingt es ihnen den gesamten Süden in Besitz zu nehmen und ihn somit dem Byzantinischen Reich zu entreißen. Der Verlust Sardiniens ist für Byzanz ein großer Verlust, da sie mit der Insel auch deren Bodenschätze verloren haben.
Pisaner und Genuesen auf Sardinien
Weite Teile im Norden Sardiniens sind nach dem Abzug Byzanz unabhängig, da es auch den Arabern nicht gelingt die Insel in Gänze einzunehmen. Es entstehen vier Judikate, welche durch jeweils einen Richter beherrscht worden sind. Erst im Jahr 1014 gelingt es den Arabern unter Kommando des Emirs von Denia Mudschahid, von den Balearen aus kommend, Sardinien zu erobern. Da Pisaner und Genuesen einen arabischen Vorposten in unmittelbarer Nähe zu ihren Städten und Häfen fürchten, schließen sich die beiden Seemächte auf Vermittlung des Papstes zusammen und vertreiben bereits 1016 die Araber wieder von Sardinien, wobei sie sich die Herrschaft über die Insel anschließend teilen.
Spanier auf Sardinien
Während Pisa und Genau um die Oberhoheit auf Sardinien kämpfen, gerät die Insel in den Blickpunkt des Streites zwischen Papst Gregor IX. und dem Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Friedrich II. Friedrichs II. unehelicher Sohn Enzio heiratet mit Adelasia de Lacon-Gunale in zwei der vier sardischen Judikate ein und sein Vater erhebt in zum König von Sardinien. Enzios Herrschaft über Sardinien dauert nur bis zum Jahr 1249 an, da er von den Pisanern gefangengenommen wird. Bis 1297 kämpfen Pisaner und Genuesen wieder um die Vormachtstellung auf Sardinien. Papst Bonifatius VIII. vergibt als Dank für Waffenhilfe Sardinien im Jahr 1297 an den König von Aragon Jakob II. Auflage des Papstes ist jedoch gewesen, dass Jakob II. die Insel von den Pisanern erobern muss. Jakob II. erobert Sardinien bis zum Jahr 1323 vollständig, wobei die aragonische Herrschaft bereits 1383 durch das Judikat Arborea wieder beendet wird. Da Aragon nicht auf seinen Anspruch auf Sardinien verzichten will, kommt es in der Folge wieder zu Gefechten und Aragon erobert Sardinien bis 1420 zurück.
Österreicher auf Sardinien
Unter aragonesischer Herrschaft bzw. später spanischer Herrschaft bleibt Sardinien bis Jahr 1714 als die spanische Linie des Hauses Habsburg ausstirbt und Sardinien in der Folge des Spanischen Erbfolgekrieges an die österreichischen Habsburger geht. Die Habsburger tauschen Sardinien bereits 1720 gegen Sizilien mit dem Haus Savoyen, welches das Königreich Sardinien-Piemont gründet. Das Königreich Sardinien-Piemont umfasst die Insel Sardinien, Piemont und die Grafschaft Nizza. Im Sardischen Krieg gelingt es dem Haus Savoyen Österreich aus Norditalien zu vertreiben, was 1861 die Gründung des vereinigten Königreichs Italien erst ermöglicht. Erster italienischer König wird mit König Viktor Emanuel II. der Monarch des Königreichs Sardinien-Piemont.
Sardinien bis heute
Sardinien ist ab diesem Zeitpunkt Bestandteil des Königreichs Italien bzw. der Republik Italien. Die soziale Situation der Einwohner Sardiniens ändert sich dadurch nicht zum Besseren, nachwievor ist die Insel arm und die Minen auf Sardinien sind allmählich erschöpft. Unter dem faschistischen Regime Mussolinis wird auch Sardinien in den II. Weltkrieg hineingezogen, durch Alliierte Luftangriffe werden in Cagliari 1943 zweidrittel der Häuser beschädigt. Eine alliierte Bombe trifft auch die byzantinische Kirche San Saturno in Cagliari. Nach Ende des II. Weltkrieges wird Sardinien 1948 autonome Provinz innerhalb Italiens. Seit den 1960er Jahren wird der Tourismus auf Sardinien immer weiter ausgebaut.
Byzantinisches Erbe auf Sardinien
Aus byzantinischer Zeit sind heute noch einige Kirchen auf Sardinien zu besichtigen, wobei einige der Kirchen im Lauf der Jahrhunderte umgebaut worden sind und sich mit den Baustilen der Romanik, der Gotik, der Renaissance und des Barock vermischt haben. Zwei noch in ihrer byzantinischen Form erhaltene Kirchen auf Sardinien ist zum einen die Kirche San Giovanni in Assemini bei Cagliari und die Kirche San Giovanni de Sinis, die sich in fußläufiger Nähe zur bekannten phönizisch-römischen Ausgrabungsstätte Tharros befindet. Die älteste byzantinische Kirche auf Sardinien ist San Saturno in Cagliari, die jedoch im 11. Jahrhundert im romanischen Stil umgebaut worden ist. Eine weitere byzantinische Kirche befindet sich in unmittelbarer Nähe der Ausgrabungsstätte Nora (Pula) und ist dem Heiligen Efsio geweiht, wobei durch spätere Anbauten der byzantinische Charakter verloren gegangen ist.
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