Orte und Regionen im Byzantinischen Reich
Ravenna im Byzantinischen Reich
Für jeden Freund der Byzantinistik ist die Norditalienische Stadt Ravenna ein absolutes Muss! Die ehemalige Residenzstadt des Weströmischen Reiches hat lange Zeit als Oströmischer Vorposten im Westen gedient. Die byzantinischen Mosaiken in Ravenna sind die am besten erhaltenen Mosaiken des Oströmischen Reiches.
Lage Ravennas
Ravenna liegt im Nordosten des heutigen Italiens gut 80 Kilometer von Bologna entfernt. In der Antike lag Ravenna direkt am Adriatischen Meer. Durch Versandung beträgt die Entfernung zur Adria heute jedoch 5 Kilometer. Die Entfernung von Ravenna in die byzantinische Hauptstadt Konstantinopel beträgt auf dem Seeweg etwa 2.700 Kilometer, was in der Antike eine Reisezeit von etwa 21 Tagen bedeutet hat.
Heute ist Ravenna am besten mit dem Auto von Deutschland aus erreichbar. Zwar hat Bologna einen Flughafen, jedoch ist der Umstieg vom Flugzeug auf die Bahn in Bologna kompliziert. Auch wenn die Parkplätze in Ravenna knapp sind und man in der Altstadt von Ravenna kein Auto benötigt, ist dieses jedoch hilfreich in der Nähe zu haben, wenn man auch die beeindruckende Kirche Sant´ Apollinare in Classe besuchen möchte. Aus dem Zentrum Ravennas braucht man etwa 10 Minuten nach Classe (5 Kilometer)
Die Anfänge von Ravenna
Wann und vom wem Ravenna gegründet worden ist, darüber wird gestritten. Es gibt Vermutungen, dass Ravenna von Thessalischen Hellenen als Hafen gegründet worden ist. Andere vertreten die Ansicht, die Gründung ist durch die Umbrer und Etrusker erfolgt. Die etruskische Gründung wird versucht durch den Ortsnamen "Ravena" belegt zu werden, welcher von dem Wort "Rasenna" abgeleitet sein soll. "Rasenna" ist die Eigenbezeichnung der Etrusker. Ein genaues Gründungsdatum gibt es für Ravenna nicht. Es ist davon auszugehen, dass die Gründung im 3. Jahrhundert vor Christus erfolgt ist.
Ähnlich wie Venedig noch heute, ist Ravenna ursprünglich auf einer Laguneninsel in der Adria gegründet worden. Die bis in die späte weströmische Kaiserzeit existierende Lagune im Flussdelta des Po ist heute versandet, daher liegt Ravenna auch nicht mehr an der Adria.
Ravenna wärend der Römischen Republik und der frühen Kaiserzeit
Im Jahr 89 vor Christus erhalten die freien, männlichen Bürger von Ravenna das römische Bürgerrecht, was sie zu vollwertigen Einwohnern des Römischen Reiches macht. 40 Jahre später versammelt Julius Cäsar bei Ravenna seine Truppen, um den Fluss Rubikon zu überschreiten und damit den Römischen Bürgerkrieg zu beginnen.
Der Hafen Ravennas liegt etwa 5 Kilometer außerhalb des Stadtzentrums und wird von Octavian (später Augustus) mit dem Namen Classe gegründet. Classe ist in der klassischen römischen Zeit der zweitwichtigste Militärhafen des Reiches. Nur der Hafen von Misenum (heute Miseno) am Nordende des Golfs von Neapel ist größer.
Ravenna im weströmischen Reichsteil
Mit der Teilung der Herrschaft im Römischen Reich im Jahr 395 nach Christus wird Ravenna Teil des Weströmischen Reichs. Bereits 286 nach Christus verlegt der römische Kaiser Diokletian die Hauptstadt von Rom nach Mailand (Mediolanum). Ziel ist es näher bei den Truppen im Norden zu sein, die das Imperium vor den einfallenden Germanen schützen sollen. Die Befehlsketten sind kürzer. Rom gilt auch ohne Kaiser als besser zu verteidigen. 402 wird Mailand von den Goten belagert und Kaiser Honorius macht das noch besser zu verteidigende und mit einem vorgelagerten Seehafen (Classe) besser vernetze Ravenna zur Hauptstadt des Weströmischen Reiches.
Unabhängig von der Frage Warum das (West-) Römische Reich aufgehört hat zu existieren, wird sich heute darüber gestritten, ob es überhaupt aufgehört hat zu existieren oder ob der weströmische Offizier mit den germanischen Wurzeln Odoaker bzw. später der Ostgotenkönig Theoderich in Westrom lediglich die Herrschaft übernommen haben. Der Grund, dass es hier Zweifel gibt, ob Westrom tatsächlich nicht mehr existierte, ist die jeweilige Reaktion des oströmischen Kaisers, der bei der Übernahme der Macht durch Odoaker, der sich dem oströmischen Kaiser unterordnet, und nachdem dieser im Osten in Ungnade gefallen ist, Theoderich bei der Machtergreifung unterstützt. Vom Standpunkt des einen Reiches mit zwei Kaisern lassen sich hier Zweifel am "Untergang" Westroms ableiten.
Hauptstadt Ravenna
Nach dem Tod des Ostgotenkönigs Theoderichs im Jahr 526 nach Christus entbrennt ein Kampf um seine Nachfolge. Nach mehreren kurzen Regentschaften von Nachfolgern des Theoderichs sieht sich 535 der byzantinische Kaiser Justinian I. zum eingreifen genötigt. Aus seinem Selbstverständnis heraus, dass er der Kaiser von (Ost-) Rom ist, streiten im Westteil des Römischen Reiches Personen um die Herrschaft, welche ohne sein Einverständnis gar nichts sein könnten.
Justinian I. entsendet seinen Heermeister Belasar und dieser erobert für das Byzantinische Reich den Westteil des Römischen Reiches zurück. Aus der Sicht von Konstantinopel wird damit das Römische Reich unter dem Oströmischen Kaiser wieder vereint. Belasars Nachfolger wird 555 von Justinian I. zum Stadthalter ernannt. Seit der Verwaltungsreform im Jahr zuvor ist der Stadthalter weitgehend unabhängig in seinen Entscheidungen, da der Kaiser die meisten mit Senatoren besetzten Ämter auf der italienischen Halbinsel abgeschafft hat.
Ab dem Jahr 568 ziehen die Langobarden in den Nordteil Italiens, welcher bis dahin zum Byzantinischen Reich gehört und erobern Stadt für Stadt im Landesinneren. Ravenna und einige Städte an der Adria wie Senigallia und Ancona bleiben von der Langobardischen Eroberung zunächst verschont.
Ravenna während der Justinianischen Rekonstruktion
Die Langebarden und anderen germanischen Völker im Westen sind nicht die einzige Bedrohung des Byzantinischen Reiches in dieser Zeit. Perser, Sassaniden und weitere Völker anatolischen Ursprungs berennen die Ostgrenzen des Reiches. Um das byzantinische Kernland zu schützen, werden die ohnehin schwierig zu erreichenden Landesteile im Westen notgedrungen schutzlos sich selbst überlassen. Der Stadthalter von Ravenna hat umfassende Vollmachten unabhängig zu agieren. Der byzantinische Kaiser schafft sogenannte Exarchate, welche mit dem nun mächtigeren Stadthalter als Exarchat geführt werden. Das Exarchat von Ravenna und das Exarchat von Kathargo sind nicht aus dem Byzantinischen Reich ausgegliedert, sie unterstehen nach wie vor dem Kaiser in Konstantinopel.
Der erste Exarch von Ravenna ist um das Jahr 583 Decius. In den folgenden knapp 200 Jahren kommt es immer wieder zu Grenzverschiebungen zwischen dem Exarchat von Ravenna und somit dem Byzantinischen Reich und den Langobarden, Franken und dem Päpstlichem Territorium. Letztlich gehen die Verschiebungen, welche auf Eroberung und Kompromissen beruht in der Summe auf Kosten des Byzantinischen Reiches. Mit der Einnahme Ravennas durch Aistulf, dem König der Langobarden, im Jahr 751 endet das Exarchat Ravenna und Byzanz verliert fast alle Besitzungen in Italien. Die letzte byzantinische Burg auf der italienischen Halbinsel befindet sich in Bari und wird 1071 von den Normannen erobert.
Exarchat von Ravenna
Die Langebarden und anderen germanischen Völker im Westen sind nicht die einzige Bedrohung des Byzantinischen Reiches in dieser Zeit. Perser, Sassaniden und weitere Völker anatolischen Ursprungs berennen die Ostgrenzen des Reiches. Um das byzantinische Kernland zu schützen, werden die ohnehin schwierig zu erreichenden Landesteile im Westen notgedrungen schutzlos sich selbst überlassen. Der Stadthalter von Ravenna hat umfassende Vollmachten unabhängig zu agieren. Der byzantinische Kaiser schafft sogenannte Exarchate, welche mit dem nun mächtigeren Stadthalter als Exarchat geführt werden. Das Exarchat von Ravenna und das Exarchat von Kathargo sind nicht aus dem Byzantinischen Reich ausgegliedert, sie unterstehen nach wie vor dem Kaiser in Konstantinopel.
Der erste Exarch von Ravenna ist um das Jahr 583 Decius. In den folgenden knapp 200 Jahren kommt es immer wieder zu Grenzverschiebungen zwischen dem Exarchat von Ravenna und somit dem Byzantinischen Reich und den Langobarden, Franken und dem Päpstlichem Territorium. Letztlich gehen die Verschiebungen, welche auf Eroberung und Kompromissen beruht in der Summe auf Kosten des Byzantinischen Reiches. Mit der Einnahme Ravennas durch Aistulf, dem König der Langobarden, im Jahr 751 endet das Exarchat Ravenna und Byzanz verliert fast alle Besitzungen in Italien. Die letzte byzantinische Burg auf der italienischen Halbinsel befindet sich in Bari und wird 1071 von den Normannen erobert.
Der sinkende Einfluß von Ravenna
Die Herrschaft der Langobarden in Ravenna währt nicht lange. Bereits 756 wird das ehemalige Exarchat Ravenna vom fränkischen König Pippin erobert und als Gegenleistung für die Anerkennung der Dynastie der Karolinger als fränkische Könige dem Papst in Rom geschenkt. Die sogenannte Pippinische Schenkung stellt den Beginn des Kirchenstaates unter dem Bischof von Rom dar und Ravenna gehört zu den Gründungsstädten.
Ravennas Bedeutung sinkt im Lauf der Jahrhunderte immer weiter. Noch einmal zu Bedeutung gelangt Ravenna erst bei zwei Reichstagen in der Stadt. Der eine Reichstag wird 967 vom ersten Kaiser des Heiligen Römischen Reiches (HRR) Otto I. in Ravenna einberufen. Parallel zu diesem Reichstag findet eine von Papst Johannes XIII. einberufene Synode (Konzil) statt. Der zweite Reichstag in Ravenna wird von Friedrich II. im Jahr 1231 abgehalten.
Ab etwa 1180 sind die Mitglieder der Familie Traversari zu Podestaten (ähnlich Gouverneur) des Kaisers in Ravenna erhoben worden. Ab 1275 wird Ravenna von der Familie Da Polenta regiert. Die Familie ist jedoch auch das Herrschaftshaus mehrerer anderer Städte in der Emilia-Romagna, was den Einfluss Ravennas schwinden lässt.
Ab 1318 lebt der Schriftsteller und Philosoph Dante Alighieri auf Einladung von Guido Novello da Polenta an dessen Hof in Ravenna. Dante beendet 1321 kurz vor seinem Tod in Ravenna die Arbeiten an der "Göttlichen Komödie" (Divina Commedia). Das Grab des Dante befindet sich noch heute in Ravenna und ist ein beliebter Treffpunkt von Touristen.
Nach 1441 ist Ravenna Teil des Venezianischen Herrschaftsgebietes bis es 1509 wieder zum Vatikanstaat gehört. Zwischen 1797 und 1815 folgt ein kurzes französisches Intermezzo, wonach Ravenna erneut dem Vatikan angeschlossen wird.
Königreich Italien bis heute
Von der Herrschaft des Heiligen Stuhls löst sich Ravenna erst mit der Eingliederung in das Italienische Königreich im Jahr 1861. Im II. Weltkrieg wird Ravenna 5. Dezember 1944 von amerikanischen und kanadischen Truppen befreit.
Bereits 1996 werden sechs kirchliche Gebäude und zwei Profanbauten in und bei Ravenna auf die Liste der UNESCO-Weltkulturerben gesetzt. Diese Gebäude sind:
- Baptisterium der Arianer
- Baptisterium der Orthodoxen
- Oratorium des Heiligen Andreas
- Sant'Apollinare (Classe)
- Sant'Apollinare Nuovo
- San Vitale
- Mausoleum der Galla Placidia
- Mausoleum des Theoderich
Heute ist Ravenna eine von vielen Städten in der italienischen Provinz Emilia-Romagna und die etwas weniger als 160.000 Einwohner leben hauptsächlich vom Tourismus, der Produktion von Lebensmitteln und Kleidung.