Orte und Regionen im Byzantinischen Reich
Mystras im Byzantinischen Reich
Gerade mal 5 Km entfernt von Mystras befindet sich einer der bekanntesten Orte der Antike. Sparta! Dass, was heute noch vom glorreichen Stadtstaat übrig ist, kann man als sehr... spartanisch bezeichnen. Für historisch interessierte ist Mystras eindeutig besser geeignet. Die bereits 1989 auf die Liste der UNESCO-Kulturerbe gesetzte Ruinenstadt gibt dem Besucher einen besonderen Eindruck in das Leben und die Architektur einer spätbyzantinischen Stadt.
Lage von Mystras im Byzantinischen Reich
Mystras befindet sich im Binnenland der Peloponnes. Heute dauert die Fahrt von Athen etwa drei Stunden, nach Thessaloniki. Von Thessaloniki dauert es mit dem Auto etwa 8 Stunden und von Istanbul etwa 15 Stunden. Zu Zeiten des Byzantinischen Reiches musste für die Reise von Konstantinopel nach Mystras etwa 10 Tage und von Thessaloniki etwa 6 Tage gerechnet werden.
Gründung der Kreuzfahrerstadt Mystras
Westeuropäische Kreuzfahrer, noch heute von den Griechen "Frangoi", was wörtlich übersetzt "Franken" bedeutet und auch den Volksstamm meint, erobern 1204 die Hauptstadt Ostroms Konstantinopel. Mit dem Fall Konstantinopels entstehen mehrere Staatsgebilde. Auf byzantinischer Seite entstehen das Kaiserreich Nicäa, das Kaiserreich Trabzon und das Despotat Epiros. Auf der Seite der Kreuzfahrer konstituiert sich das Lateinische Kaiserreich, das Königreich Thessaloniki, das Herzogtum Athen und das Fürstentum Achaia. Später entsteht durch die Venezianer auf den Kykladen auch noch das Herzogtum Archipelogos mit seiner Hauptstadt Naxos.
Die Hauptstadt des Fürstentums Achaia ist zunächst Andravida an der Westküste der Peleponnes, wo auch heute noch eine beeindruckende Kreuzfahrerburg zu besichtigen ist. Durch Wilhelm II. von Villehardouin, dem vierten Fürsten von Achaia wird an der Ostseite des Taygetos Gebirges eine Festung errichtet. Der Teil des Gebirges wird auch schon vorher von der örtlichen Bevölkerung Mystras (oder Mezithras) genannt. Wilhelm II. verlegt 1249 die Hauptstadt des Fürstentum Achaia in die gut zu verteidigende Höhenfestung.
Mystras als Hauptstadt des Despotates Morea
Lange konnte sich Wilhelm II. seiner neuen Hauptstadt und Festung nicht erfreuen. In der Schlacht von Pelagonia im September 1259, in der unter Anderem das Fürstentum Achaia gegen das Kaiserreich Nicäa gekämpft, wird Wilhelm II. gefangengenommen. Erst 1262 ist er im Austausch gegen die Burgen Mystras, Grand Magne und Monemvasia freigekommen.
Bereits im Jahr zuvor wird Konstantinopel und damit das Lateinische Kaiserreich vom byzantinischen Kaiserreich Nicäa zurückerobert. Mit dem Tausch Freiheit gegen Festungen übernimmt das restaurierte Byzantinische Reich wieder die Kontrolle über Großteile der Peloponnes (Morea) und gründet das Despotat Morea.
Die folgenden 170 Jahre sind geprägt von Kämpfen zwischen dem Despotat Morea und dem Fürstentum Achaia. Erst im Jahr 1432 gelingt es Thomas Palaiologos, Despot von Moria und Bruder des byzantinischen Kaisers Konstantinos XI. Palaiologos die Gesamte Peloponnes zu übernehmen, was er durch Heirat mit Caterina Zaccaria, Tochter von Centurione Zaccaria, dem letzten Fürsten von Achaia, erreicht. Diese Epoche von 170 Jahren ist auch die Glanzzeit von Mystras. In der Stadt werden unzählige Kirchen und weltliche Gebäude errichtet. Der Palast des Despoten von Morea ist sogar der größte byzantinische Profanbau außerhalb Konstantinopels.
Da die Despoten von Morea in der Regel Thronfolger bzw. Prinzen des regierenden Kaisers von Byzanz sind, ist es häufiger vorgekommen, dass der neue byzantinische Kaiser in Mystras gekrönt worden ist, da er sich zur Zeit des Todes des vorangegangenen Kaisers dort aufgehalten hat.
Einer dieser byzantinischen Kaiser, die in Mystras gekrönt worden sind, ist Konstantinos XI. Palaiologos. Er ist zum Zeitpunkt des Todes seines Bruders Johannes VIII. zusammen mit seinen jüngeren Brüdern Thomas und Dimitrios Despot von Morea. Konstantinos XI. ist der letzte Kaiser Ostroms, der in Konstantinopel residiert. Am 29. Mai 1453 fällt Konstantinopel und mit der Stadt geht auch der Großteil des Byzantinischen Reiches unter. Konstantinos XI. Palaiologos fällt in der Schlacht um die Stadt. Sein Bruder Thomas, der zu diesem Zeitpunkt mit dem jüngeren Bruder der beiden, Dimitrios, Despot von Morea ist, wird somit zum neuen byzantinischen Kaiser.
Der Nabel der römischen Welt
Da die Hauptstadt des Byzantinischen Reiches nun von Sultan Mehmed II. als Hauptstadt seines Osmanischen Reiches genutzt wird, residiert der Kaiser Ostroms in Mystras. Mystras trägt sich somit in die Liste der Hauptstädte des Römischen Reiches ein. Zunächst muss Kaiser Thomas eine Revolte albanischer Einwohner der Peloponnes niederschlagen, die von Manuel Kantakouzenos, einem Sprößling der vorherigen Kaiserdynastie, angeführt wird. Auf den Tag genau sieben Jahre, nachdem Mystras die Residenz des byzantinischen Kaisers geworden ist, muss die Stadt am 30. Mai 1460 Sultan Mehmed II. kampflos übergeben werden.
Mit der Übergabe der Stadt an das Osmanische Reich endet auch der gemeinsame Weg des Byzantinischen Reiches und seiner Kaiser. Nach der Übergabe von Mystras flieht Kaiser Thomas zunächst nach Ancona und später nach Rom. Der jüngere Bruder Dimitrios, der bis dahin amtierender Despot von Morea gewesen ist, begibt sich an den Hof des Osmanischen Sultans Mehmed II. Übrig vom Byzantinischen Reich bleibt, nachdem auch Trapezunt (1461) und das Fürstentum Theodoro (1475) von den Osmanen erobert wird, nur die Stadt Monemvasia an der Westküste der Peloponnes, heute etwa zweieinhalb Autostunden von Mystras entfernt.
Die postbyzantinische Zeit in Mystras
Die Osmanen regieren in Mystras und gliedern es in die Verwaltungseinheit Sanjak Mezistra ein. Neben neuentstandenen Moscheen und Minaretten gibt es aus der osmanischen Epoche keine Spuren, die Stadt verliert ihre Bedeutung. Im Jahr 1687 gelingt es den Venezianern während des Feldzuges der Heiligen Liga gegen die Osmanen, die Peloponnes somit auch Mystras zu erobern und dem Königreich Morea anzuschließen. Mystras wird in der Folge von venezianischen Gouverneuren (Provveditori Generali) regiert.
Erst 1715 gelingt es den Osmanen die venezianische Herrschaft in Mystras zu beenden. Das Gebiet um Mystras bleibt jedoch unruhig. bereits 1770 schließt sich Mystras mit seinem Bischof Ananias der ersten griechischen Revolution (Orlow Revolte) an. Die Revolte wird niedergeschlagen und Mystras wird von albanischen Truppen der Osmanen geplündert. Bischof Ananias wird hingerichtet.
Endgültig zur Ruinenstadt wird Mystras während des griechischen Freiheitskampfes im Jahr 1823. Ägyptische Hilfstruppen der Osmanen fallen in die Region ein, entvölkern die Region und zerstören die Orte. Mystras ist einer dieser Orte.
Nach der erfolgten Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich wird letztlich 1830 der erste griechische Staat geschaffen. Der neue Staat beruft sich auf die antiken Stadtstaaten und eine hellenische Gemeinschaft, welche es so nie gegeben hat. Unter Anderem wird die gerade mal 4.000 Einwohner zählende Stadt Athen 1834 zur Hauptstadt und das antike Sparta idealisiert, so dass anstatt des zerstörten Mystras das etwa 8 Km entfernte Sparta wiederaufgebaut wird. Mystras bleibt bis heute eine Ruine, die aber 1989 zum UNESCO-Weltkulturerbe erhoben wird.
Tipps für den Besuch in Mystras
Mystras eignet sich sowohl als Stopp auf einer Peloponnes-Rundreise, als Tagesausflug von den Stränden in Tolo, Stoupa oder Monemvasia und als Standort für eine Wanderreise auf der Peloponnes.
Wer eine individuelle Peloponnes-Rundreise unternimmt und eine Nacht in dem kleinen Dorf auf Fuß der Ruinenstadt verbringen möchte, ist im dem kleinen Hotel "Mystras Inn"* perfekt untergebracht. Saubere, gemütliche Zimmer direkt am Dorfplatz mit angeschlossener Taverne, die bestes griechisches Essen serviert.
Der wichtigste Tipp für den Besuch der Ruinenstadt ist: Lassen Sie Ihr Auto im Dorf stehen! Die Ausgrabungsstätte hat zwei Ein- und Ausgänge. Einen oben am Berg und einen am unteren Ende der Ruinenstadt. Parken Sie Ihr Auto am oberen Eingang müssen Sie den Berg wieder hoch laufen, um zum Auto zu kommen. Parken Sie unten, können Sie zwar wieder runter laufen zu Ihrem Auto, was aber voraussetzt, dass Sie den Berg bei Ihrer Besichtigung erklommen haben. Investieren Sie ein paar Euro und lassen Sie sich von einem Taxi zum oberen Eingang fahren. Sie besichtigen Mystras den Berg nach unten laufend und können ganz gemütlich zurück in das Dorf zu Ihrem Auto laufen.
Falls Sie jetzt sagen, Sie wollen den Berg weder hoch noch runter laufen oder hoffen auf einen barrierefreien Weg, werden Sie leider enttäuscht.